Norte Grande mit schlechter Laune

Norte Grande mit schlechter Laune

Bevor wir das Tal endgültig in die Atacamawüste/Norte Grande verlassen, haben wir noch was offen auf unserer „Wish to see“-Liste. Die Ruta de las Estrellas ist nicht nur den Sternen verschrieben. Sie nennt sich auch Circuit Gabriela Mistral, benannt nach der chilenischen Dichterin und Diplomatin.

Gabriela Mistral
Gabriela Mistral

Da gestern alle Museen geschlossen hatten, wollen wir die Besuche jetzt noch nachholen, während Ramiro und Virginie voneinander Abschied nehmen. Auch heute sind wir nur im Museum von Gabriela Mistral erfolgreich. Die Trödlerin mit der ich mich gestern verabredet hatte, konnte mir das gewünschte Kochbuch leider auch nicht besorgen. Dafür leiste ich mir eine Halskette mit den verschiedenen Steinen der Region. Sie gehört jetzt schon zu meinen Lieblingsstücken. Und der Große hat sich auch in einen grünen Stein verguckt, der aussieht wie ein Aventurin (tatsächliche Identität müssen wir später feststellen).

Am Nachmittag starten wir schließlich in den Norden. Unser Ziel ist San Pedro de Atacama – Ramiros Ziel ist Arica. Ich teile mir die Rücksitzbank mit der Babyschale zu meiner rechten und einem Kindersitz zu meiner Linken, jeweils bestückt mit unseren Kindern, gesäumt von einem Hartschalen-Minitrolley, einer Wickeltasche, Kameratasche und natürlich meiner Gitarre. Auf dem zusammengequetschten Schoss halte ich meinen Laptop. Das ist mir eigentlich zu kuschelig, aber Ramiro geht es auch nicht viel besser auf dem Beifahrersitz mit der Kiste Nahrungsmitteln zu seinen Füßen. Und schließlich werde ich ja unterwegs auf den Fahrersitz upgraden.

So fahren wir in die Nacht. In Antofagasta legen wir eine Schlafpause ein. Ramiro nutzt hier seine Chance um auf einen LKW aufzuspringen um sein Ziel zu erreichen. Was nice to meet you, Ramiro! See you in California 😉 or somewhere else!?

Mit dem Sonnenaufgang fahren wir unserem Ziel entgegen. Als wir San Pedro de Atacama erreichen eröffnet sich vor uns eine kleine Wüstenstadt mit unbefestigten Straßen und scheinbar unzählig vielen Backpackern zwischen 18 und 25 Jahren. Johan hatte uns schon angekündigt, dass hier viel Party und Konsum angesagt sind. Nicht verwunderlich, wie wir später feststellen, wenn es die Coca-Blätter und das Cannabis im Souvenirshop zu kaufen gibt. Übrigens auch als Aufgussgetränk erhältlich.

Iglesia de San Pedro De Atacama
Iglesia de San Pedro De Atacama am Marktplatz: zur Ortskarte

Wir genehmigen uns erst einmal ein Frühstückchen an der „Hauptstraße“ in einer Imbissbude. Am Marktplatz des Ortes gibt es freies W-Lan, welches wir prompt zur Sicherung unserer nächsten Unterkunft nutzen, die wir dann auch gleich beziehen.

Wir sind gerade alle etwas angenervt. Die unbequeme Nacht und das Touristenaufgebot in San Pedro de Atacama tragen gleichermaßen dazu bei. Wir drehen eine Runde im Ort, essen spätes Mittag- oder zeitiges Abendessen und ziehen uns zu viert zurück in unser Doppelbett. Kein Wunder, dass der nächste Tag auch nicht viel besser gelaunt beginnt …

Tag 1 Atacamawüste und ein leerer Tank

… trotz bequemen Bett. Bequemen Schlaf definieren wir anders. Der Große schaffte sich seinen Platz indem er einfach alle viere von sich streckte. Während Papa an die Wand gepresst wurde, drückte sich das Baby immer fest an die Mami, die auf der Bettkante balancierte. Durch diese fast erneute Vernablung von Mutter und Kind und mit dem ständig süßen Geruch von Muttermilch in seiner Nase, verspürte das Baby den vermehrten Bedarf an Nahrungsaufnahme.

Wir frühstücken ausgiebig und lange, bereiten uns Proviant für unseren heutigen Ausflug vor und machen uns scheinbar vorbereitet auf den Weg um eine Kirche mit Kaktusholzdach in Socaire und eine aus Vulkangestein erbaute in Toconao zu sehen sowie Lagunen und den riesigen Salzsee Salar de Atacama zu entdecken. Ein wichtiges Gebot in der Wüste ist das Auto in San Pedro de Atacama voll zu tanken, da es hier ansonsten keine Petroloasen gibt.

Salar de Atacama
Salar de Atacama

Während wir so fahren von Kirche zu Lagune zu Oase zu Salzsee, vorbei an Vier-, Fünf- und Sechstausendern stehen uns die Schweißperlen auf der Stirn. Nicht nur, weil wir uns in hochsommerlichen Temperaturen bewegen – nein, in erster Linie, weil uns zu spät aufgefallen ist, dass unsere Benzinfüllung verdammt knapp ist und wir extra die Distanz zum Touristenstrom gesucht haben. Verhungern und verdursten werden wir jedenfalls nicht gleich und Hörspiele haben wir ja auch mit. Doch wir atmen auf als wir schließlich neben der Tanksäule in San Pedro de Atacama halten.

Am Abend wollen wir den Sonnenuntergang im Valle de la Luna erleben. Das finden beide Kinder ganz toll. Der Große, weil es abenteuerlich ist durch die Mondlandschaft zu klettern und der Kleine, weil es herrlich ist, wenn der Muli durch die Mondlandschaft klettert. Oben haben wir einen atemberaubenden Ausblick.

Valle de Luna
Valle de la Luna

Dort schauen wir der Sonne zu bis sie fast am Horizont verschwunden ist. So können wir den Tag doch noch im Einklang mit uns selbst abschließen und uns nach dem Abendessen in unser Doppelbett zurückziehen. Heute präparieren wir den Kinderwagen so, dass er ein gemütliches Nachtlager für das Baby bietet. Der Papa tauscht mit dem Großen und die Mami balanciert weiter auf der Bettkante.

Tag 2 Vulkan – Lagunen – Flamingos

Der Ort ist schon ganz hübsch, steht aber bei uns gerade nicht im günstigen Stern. Deswegen beschließen wir „keine Nacht länger!“. Aber es gibt noch etwas auf unserer Wish-to see-Liste. Deswegen sind wir uns einig; ich fahre tags zu den „Wish-to-see-Points“ und mein Mann nachts nach Bahía Inglesa (Tipp unseres Freundes Mario W.).

Diesmal in allem vorbereitet – Proviant und Tankfüllung – starten wir um als erstes den Volcán Aguas Calientes (5924 m) näher zu sehen. Wieder bieten sich uns herrliche Landschaftsbilder; hohe Berge im Wechsel mit ewigen Weiten sowie karge Landschaften unterbrochen von grünen satten Oasen, beweidet von Ziegen oder Alpakas. Durch die ewige Weite führt eine Asphaltstraße viele Kilometer lang. Doch für uns ist plötzlich Schluss. Scheinbar kurz vorm Ziel stehen wir auf einem Feldweg mit unserem Chevrolet Sail, vor uns ein kleines Rinnsal und ein schlafendes Maultier und die Aussicht auf eine sehr hindernisreiche Weiterfahrt, die der Mietwagen ohne Unterbodenschäden nicht schaffen würde. Also kein Vulkan.

Der Vulkan hat schon deutliche Spuren hinterlassen.
Der Vulkan hat schon deutliche Spuren hinterlassen.

Der weitere Höhenanstieg hätte dies auch nicht zugelassen, da wir die Gesundheit unserer Kinder nicht auf´s Spiel setzen wollen (Höhenkrankheit). Also kehren wir nach nur sehr kurzen Überlegungen um und fahren weiter zu Hochgebirgsseen auf dem Altiplano, den Lagunas Miscanti & Miñiques, weil man dort wohl hervorragend Vogelbeobachtungen machen kann; speziell Rüsselblesshühner, da sie dort ihre größte Brutstätte westlich der Anden haben.

Lagunas Miscanti & Miñiques
Lagunas Miscanti & Miñiques

Unbestritten ist das ein wunderschöner Platz, doch ob sich die 80 Kilometer pro Strecke gelohnt haben!? Es ist kalt und die Vögel die wir mit dem Fernglas von Weitem beobachten dürfen, erkennt man auch da durch nicht viel besser. Die Spannung im Auto steigt wieder etwas, da das Erklimmen von Höhen mit dem Auto auch viel Benzin verbraucht. Bergab lasse ich den Wagen ohne Gang rollen, gut eine dreiviertel Stunde, um sparsam mit dem Treibstoff hauszuhalten. Wir kommen also nicht um San Pedro de Atacama herum.

Flamingos in der Laguna Chaxa
Flamingos in der Laguna Chaxa

Die Flamingos wollen wir aber noch sehen. Auf die warten wir schließlich schon seit El Calafate! Der Tag ist gerettet! An der Laguna Chaxa haben wir Glück. Hier leben die Tiere nämlich, weil es hier ihr wichtigstes Nahrungsmittel, die Shrimps gibt. Im Infohäuschen gibt es ein computeranimiertes Wissensquiz für Kinder, welches auch unser Sohn mit Begeisterung in Anspruch nimmt. Und schließlich ergeben wir uns unserem Schicksal und kehren zurück nach San Pedro de Atacama um das Auto vollzutanken und unserem Hunger vorzubeugen. Und wieder fahren wir in eine lange Nacht. …

 

TIPP für eine Reise besonders nach Norte Grande: Polfilter für die Kamera mitnehmen!!!

Published by Emily Hillig-Wolf

2 comments on “Norte Grande mit schlechter Laune”

  1. Hallo ihr Lieben, ich habe gerade in eurem Blog gestöbert und eine Frage an euch. Wir sind selbst in Santiago aktuell und wollen nächste Woche in die Atacama Wüste. Wie hoch ward ihr denn mit den Kids? Wir haben selbst einen 4 Jährigen und ein 6 Monate altes Baby dabei und sind uns wegen der Höhe und ob wir dort zu den Geysiren und Salzseen unsicher- sind ja doch 4000m (hier sagt jeder, dass es kein Problem wäre…). Lohnt es sich auch nur für das alle de la Luna? Danke für eure Hilfe und herzliche Grüße
    Christina

    1. Hallo liebe Christina, auch wenn es ein weiter Weg bis nach San Pedro de Atacama mit dem Auto war, bereuhen wir unseren Ausflug dorthin keinesfalls. Es gibt auch günstige Flüge ab Santiago dorthin. Durch den gleichmäßigen Anstieg mit dem Auto haben wir uns bis zu den Hochgebirgsseen auf dem Altiplano, den Lagunas Miscanti & Miñiques gewagt. Vor Ort war die Höhe schon etwas spürbar, allerdings eher für uns Erwachsene. Wir haben unsere Jungs genau beobachtet und den Großen regelmäßig nach Übelkeit abgefragt. Viel Trinken! Doch beide waren stets vergnügt und ausgelassen. Zu den Geysiren sind wir nach langen Überlegungen nicht gefahren, aufgrund drei schlagenden Argumenten: 1. Höhe 2. muss man super super aufpassen, dass das Kind immer schön “bei Fuß” läuft, damit nichts passiert und 3. die lange Anfahrt am sehr frühen Morgen (der Anblick lohnt sich wohl besonders in den Morgenstunden – 6:00). Aber da unser Beschluss “wiederzukommen” schon seit Vicuña feststand, um Gemini zu besuchen, beschlossen wir, uns auch noch ein paar Dinge in der Atacamawüste offen zu lassen. Das Valle de la Luna lohnt sich für alle bei Sonnenuntergang; Optik und Haptik werden hier reichlich bedient. Wir senden Euch ganz viele liebe Grüße nach Santiago und wünschen Euch noch ganz viele tolle Erlebnisse!

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